Für stärkere Heldinnen – Interview mit Cosplayerin Pia D.


>> Manchmal habe ich schon das Gefühl, dass ich objektifiziert werde oder dass jemand gerade seine Fantasien auf mich überträgt. <<

Im Cosplay-Village der Halle 5.2 ist die Frauenquote auffällig hoch. Hier tummeln sich jedes Jahr etliche Verkleidungskünstler, die in aufwändigen Kostümen ihrer liebsten Spiel-, Film- oder Comic-Charaktere stecken. Hier treffe ich die Cosplayerin Pia D., um mit ihr über ihre Leidenschaft fürs Cosplayen und ihre Sicht auf weibliche Videospielcharaktere zu sprechen.


Wie bist du überhaupt zum Cosplayen gekommen und seit wann machst du das schon?

Ich mache das jetzt seit ungefähr zweieinhalb Jahren. Ich bin schon relativ lange Gamerin und interessiert an Popkultur. Irgendwann kam dann der eine Charakter, der mich so sehr begeistert hat, dass ich mir dachte: Der will ich jetzt unbedingt sein! Auch Basteln fand ich schon immer sehr spannend, obwohl ich eigentlich zwei linke Hände habe. Doch auch das hat sich mit der Zeit deutlich gebessert und so nahm das Hobby dann seinen Lauf.

Wen stellst du heute dar und warum hast du dich gerade für dieses Kostüm entschieden?

Ich bin Alleria Windläufer aus World of Warcraft. Sie ist inzwischen glaube ich sogar mein Lieblingscharakter aus dem Spiel und spielt in der Geschichte von World of Warcraft eine sehr bedeutsame Rolle. Zusätzlich ist sie eine unglaublich starke, unabhängige Frau – auch wenn das natürlich jetzt alles sehr klischeehaft klingt – und hat ein wirklich schönes Design. Vor ungefähr eineinhalb Jahren tauchte sie in World of Warcraft wieder mit einem neuen Aussehen auf und dann war es wirklich wie Liebe auf den ersten Blick.

Schlüpfst du als Cosplayerin generell nur in die Rolle von Frauencharakteren oder kannst du dir auch vorstellen, männliche Figuren zu verkörpern?

Bislang habe ich tatsächlich nur Cosplays von weiblichen Charakteren gemacht. Das liegt aber nicht daran, dass ich Männer komplett ausschließe, sondern eher daran, dass ich nicht so talentiert im Schminken bin. Ich war mir bislang einfach unsicher, ob ich das Make-Up richtig hinkriege. Einige Männercosplays habe ich aber trotzdem im Auge, die haben allerdings einen Helm auf – mal schauen, ob das klappt.

Hast du das Gefühl, dass Frauen in Videospielen, Anime und Popkultur als Heldinnen unterrepräsentiert sind?

Absolut. Im Anime nochmal deutlich stärker als im Gaming-Bereich. Vor allem im Vergleich zum Westen ist Japan in vielen Bereichen nun mal einfach noch nicht ganz so weit, was den Feminismus angeht. Im Gaming sehe ich da aber in der letzten Zeit schon deutliche Fortschritte. In World of Warcraft zum Beispiel gelangen weibliche Figuren zunehmend stärker aus der Rolle der „rührenden Freundin des männlichen Helden“ hin zu wirklich aktiv handelnden, vielschichtigen Charakteren, die auch Einfluss auf die Story haben. Hinzu kommen auch aktuelle Spiele wie Horizon Zero Dawn oder Detroit: Become Human, in denen weibliche Figuren die Protagonistinnen darstellen. Wir sind also auf einem guten Weg, aber trotzdem muss auf diesem Gebiet noch einiges geschehen.

Fühlst du dich in der Rolle als Cosplayerin auf Events wie der gamescom auch manchmal stark beglotzt?

Das kommt durchaus vor. Es ist allerdings ist immer schwer zu differenzieren, worauf die Leute gerade wirklich schauen: Auf die Rüstung oder meinen Körper? Manchmal habe ich schon das Gefühl, dass ich objektifiziert werde oder dass jemand gerade seine Fantasien auf mich überträgt – und das ist dann auch echt unangenehm. In der Regel ist man aber ja auch mit mehreren Leuten unterwegs, die das dann auch bemerken und dazwischen gehen, wenn es nötig ist.

Vielen Dank für das freundliche Interview!


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