Entwicklerinnen: Eine benachteiligte Minderheit

Frauen werden am Arbeitsplatz benachteiligt. Unternehmen bevorzugen Männer bei gleicher Qualifikation, Frauen werden schlechter bezahlt oder sogar sexuell belästigt. Ein Problem, das auch in der Entwicklung von Videospielen nicht ausbleibt.

Männerberuf Videospielentwickler

In Deutschland zeichnet sich bei der Geschlechterverteilung nach Berufsgruppen ein deutliches Bild ab. Eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit stellte 2017 dar, dass Frauen nach wie vor primär in Erziehungs- und medizinischen Gesundheitsberufen tätig sind. Metallerzeugung, Mechatronik, IT – alles weiterhin Branchen, die klar männerdominiert sind und einen Frauenanteil von teilweise deutlich unter 20 Prozent haben. Auch die Videospielentwicklung ist ein Berufsfeld, in dem vor allem Männer beschäftigt sind. Laut der International Game Developers Association machte der weltweite Anteil weiblicher Entwickler 2017 nur 21 Prozent aus.

Doch nicht nur die Quote ist entscheidend, denn auch die Bezahlung weist messbare Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf. Stichwort „Gender Pay Gap“: Der geschlechterspezifische Lohnunterschied ist ein Phänomen, das nicht nur in der Videospielentwicklung, sondern in sämtlichen Berufsfeldern auftritt. Im europäischen Ländervergleich schnitt Deutschland 2016 sogar besonders schlecht ab: Hierzulande betrug der Unterschied in den Stundenlöhnen 21,5 Prozent – nur die Tschechische Republik und Estland wiesen noch größere Ungleichheiten auf.

In Großbrinannien sind die Lohnunterschiede in der Videospielentwicklung sogar höher als die durchschnittliche Gender Pay Gap des Landes. Auch Bonuszahlungen erhielten weibliche Mitarbeiter seltener als ihre männlichen Kollegen. Zwischen den befragten britischen Entwicklerstudios gab es dabei deutliche Unterschiede. Rockstar Games North, die an der Entwicklung von Grand Theft Auto V, einem der erfolgreichsten Videospiele der letzten Jahre, beteiligt waren, stachen mit einer durchschnittlichen Gender Pay Gap von 34,4 Prozent besonders hervor.

Belästigung auf der Arbeit

Besonders in männerdominierten Berufen werden regelmäßig Stimmen über Diffamierung und Sexismus am Arbeitsplatz laut. Auch in der Videospielindustrie gelangten innerhalb der letzten zwei Jahren mehrere Vorwürfe über sexistische Arbeitsbedingungen an die Öffentlichkeit. Ex-Mitarbeiter*innen kritisieren das französische Entwicklerstudio Quantic Dream für eine rassistische und sexistische Arbeitskultur und auch League of Legends-Entwickler Riot Games musste sich jüngst Sexismusvorwürfen stellen. Keine Einzelfälle: Branchenübergreifend hatte jede vierte berufstätige Frau laut eigenen Angaben bereits einmal mit sexueller Diskriminierung am Arbeitsplatz zu tun.

Für mehr Entwicklerinnen

Um der Benachteiligung von Frauen entgegenzuwirken, machen sich auch einige Videospielentwickler und Publisher für mehr Geschlechtergerechtigkeit stark. Ein Beispiel: Andrew Wilson, CEO von Electronic Arts (FIFA, Battlefield, Die Sims), setzt sich seit zwei Jahren als Teil der UN Women-Solidaritätskampagne HeForShe ein. Damit möchten er und Electronic Arts die Gleichberechtigung der Geschlechter fördern – in der eigenen Unternehmenskultur und darüber hinaus. Auch von staatlicher Seite existieren diverse Initiativen, die sich für mehr Frauen in der Videospielentwicklung oder anderen MINT-Berufen einsetzen. Darunter bundesweite Förderungen zur Steigerung der Frauenquote, Stipendien und Programme, die Mädchen schon früh auch für „typische Männerberufe“ begeistern sollen.


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