Gaming ist auch weiblich

Gamer? Die sind doch alle jugendlich, männlich, ungepflegt und nehmen kaum am sozialen Leben teil. Durch die ganzen Killerspiele sind sie natürlich auch gewaltbereit.“ Gaming gilt immer noch als Männersache. Dass auch Frauen Videospiele spielen, ist für viele ein Novum.

Überholte Klischees der Gaming-Welt

Studien der Entertainment Software Association (ESA) zeigen, dass Gaming-Stereotype in vielen Fällen von der Realität kaum weiter entfernt sein könnten. Im amerikanischen Raum zeigte sich dieses Jahr: Mehr als die Hälfte aller Gamer*innen hat einen College-Abschluss, 59 Prozent aller Befragten wollen bei der nächsten Präsidentschaftswahl wählen gehen und zockende Amerikaner*innen tendieren eher dazu, ein kreatives Hobby zu haben als die Durchschnittsamerikaner*innen. Auch im Alterschnitt sind Gamer*innen nicht auf dem Schulhof zwischen Klasse 8 und 10 angesiedelt, sondern im Erwachsenenalter von 30 bis 35 Jahren. Das heißt nicht, dass gewisse Klischees nicht auf bestimmte Spielergruppen zutreffen: Gaming kann zu Übergewicht führen, doch dieser Zusammenhang kann nur in geringem Umfang nachgewiesen werden. Videospielsucht wird von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen als Krankheit angesehen – nur weil man stundenlang Videospiele spielt, gilt das aber nicht gleich als Sucht.

Ein weiteres Ergebnis der ESA-Studie: 46 Prozent aller Videospielenden sind weiblich. Zwar gibt es im genauen Konsumverhalten durchaus Unterschiede zwischen den Geschlechtern, der Anteil von Gamerinnen entspricht inzwischen aber tatsächlich beinahe der Hälfte. In der männlichen Zielgruppe sind vor allem First-Person-Shooter wie Call of Duty sowie Sport- und Rennspiele beliebt, während Spielerinnen eher zu Puzzle-Spielen greifen. Dabei sind weibliche Gaming-Fans übrigens kein Phänomen, das nur in den USA vorkommt. In Deutschland stellen sie mehr als 47 Prozent aller Videospieler*innen.

Foto: Tinh Khuong

Wie wir Gamer*innen wahrnehmen

Und doch sind es in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend Männer, die Videospiele spielen. Das liegt unter anderem daran, dass spielende Frauen und weibliche Rollenbilder nicht so präsent sind. Die zehn größten Twitch-Streamer? Alles Männer. Talentierte und erfolgreiche E-Sportlerinnen existieren, doch sie bleiben zahlenmäßig nach wie vor weit hinter ihren männlichen Kollegen zurück. Auch die Besucherzahlen der gamescom geben ein ganz anderes Bild ab als die eingangs erwähnten Statistiken: 2018 waren nur 26 Prozent aller Privatbesucher*innen weiblich.

Doch auch die Definition von „Gamer*innen“ spielt bei der differenzierten Betrachtung der Spielerzahlen eine Rolle. Gaming geht schon lange nicht mehr nur auf Heimkonsolen oder teuren High-End-PCs, sondern ist im Alltag angekommen. Eine kurze Partie Candy Crush während man auf den Bus wartet zählt genauso zu Gaming-Aktivitäten wie hunderte Spielstunden in gigantischen Rollenspielen. Während sich erstere Spielergruppe vermutlich eher gar nicht oder nur als Casual-Spieler*innen bezeichnen würde, definieren sich letztere eher als Hardcore-Gamer*innen – und pflegen so eine gänzlich andere Haltung zu ihrem Hobby.


Hinzu kommt, dass Frauen im Gaming von Phänomenen betroffen sind, mit denen Männer deutlich weniger konfrontiert werden. Diskriminierung, Belästigung und Hass machen Videospiele zum unattraktiven Hobby. Kein Einzelfall: Sexismus im Gaming.

Hinterlasse einen Kommentar