Wie Frauen in Videospielen präsentiert werden

Frauen werden nicht nur außerhalb, sondern auch in Videospielen benachteiligt. Sexismus gegenüber computermodellierten Personen – kann es so etwas überhaupt geben? Videospielheld*innen sind Teil der Gaming-Kultur, mit Auswirkungen auf gesellschaftliche Geschlechterrollen.

Heldinnen braucht das Land

Wirft man einen Blick auf die zehn meistverkauften PC- und Konsolen-Spiele des letzten Jahres, fällt schnell auf: Die Hauptfiguren sind überwiegend männlich. In Mario Kart 8 Deluxe, Call of Duty: Black Ops 4 und Super Mario Party können Spieler Charaktere mit verschiedenen Geschlechtern wählen. Die Fußballsimulation Fifa 19 fällt auch raus – schon seit Fifa 16 bietet Entwickler Electronic Arts die Möglichkeit, Partien mit Frauenfußballmannschaften auszutragen.

Bleiben noch sechs Titel, die keine Geschlechterwahl haben – allesamt storybasierte Videospiele, die den Spieler in die Rolle eines männlichen Protagonisten versetzen. Es ist natürlich kein Verbrechen, die Hauptfigur männlich zu besetzen, doch in der Gesamtheit zeichnet sich so ein ähnliches Bild ab, wie in der amerikanischen Filmindustrie. In Hollywood kann zwar ein deutlicher Anstieg weiblicher Hauptrollen festgestellt werden, doch auch hier überwiegen nach wie vor die Männer, die zudem im Durchschnitt deutlich mehr verdienen als ihre Kolleginnen.

Frauen bleiben klassisch

Geringere Bezahlungen müssen Videospielcharaktere nicht fürchten. Dennoch kann auch diese Verteilung Auswirkungen auf tatsächliche Jobs in der Branche haben, etwa für Synchronsprecher*innen oder Schauspieler*innen, die bei Motion-Capturing-Aufnahmen zum Einsatz kommen. Kritisch sind auch die klassischen Rollenbilder, die häufig durch die Charaktere in Videospielen vermittelt werden. Männliche Figuren werden als stark, dominant und unerschrocken charakterisiert während die Entwickler*innen weiblichen Charakteren eher fürsorgliche und schüchterne Eigenschaften verpassen. Auch keine Seltenheit: Vor allem in Rollenspielen oder Visual Novels aus Japan werden weibliche Charaktere stark sexualisiert. Knappe Röcke, große Brüste und tiefe Ausschnitte präsentieren weibliche Figuren nicht als handlungsrelevante Personen, sondern als Schmuckobjekt.

Natürlich sind solche Darstellungen nicht in jedem Videospiel der Fall. Vor allem in den vergangenen Jahren zeigten große Videospielproduktionen wie Horizon Zero Dawn, Shadow of the Tomb Raider oder Hellblade Senua’s Sacrifice, dass Protagonistinnen nicht in Geschlechterklischees verfallen müssen und die klassche Krieger-rettet-Prinzessin-Handlung längst überholt ist.

Gamer*innen kritisieren Frauenbild

Doch wie sehen Gamer*innen dieses Problem? Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom hat ergeben, dass die Mehrheit deutscher Spieler*innen der Meinung ist, das durch Videospiele vermittelte Frauenbild sei unangemessen. Auffallend stark ist diese Ansicht in der weiblichen Spielergruppe vertreten (82 Prozent), doch auch männliche Gamer teilten die Einstellung.

Im Endeffekt ist bei der Darstellung von Frauen auch immer der Rahmen entscheidend. Videospiele gelten heutzutage auch in Deutschland als Kulturgut – Freiheiten, die für andere Kunstformen wie Film oder Musik gelten, sollten also auch das Gaming betreffen. Nicht nur die Darstellung von Frauen löste schon Debatten aus, auch andere Fragen rund um Diversität in Videospieluniversen sorgten für Diskussionsbedarf.

Historisch oder rassistisch?

Sehr prominent war hier vor einiger Zeit das Beispiel des Mittelalter-Rollenspiels Kingdom Come: Deliverance. In diesem Spiel waren den Entwickler*innen Realismus und Authentizität besonders wichtig. Das sollte nicht nur das Kampfsystem zeigen, sondern auch Handlungen, Umgebungen und Charaktere. Kritisiert wurde bereits vor der Veröffentlichung des Titels, dass im Spiel lediglich weiße Figuren vorkommen. Der leitende Entwickler, Daniel Vavra, wehrte die Rassismusvorwürfe von sich ab und begründete seine Entscheidung damit, dass es im mittelalterlichen Böhmen nun mal keinen bedeutsamen Bevölkerungsanteil an Nichtweißen gegeben hätte. Diverse Historiker*innen hielten dagegen und beteuerten, es habe auch schon in dieser Zeit Immigrant*innen aus anderen Bevölkerungsgruppen gegeben.

Die Debatte wurde letztlich nicht nur geschichtswissenschaftlich anhand des Spiels geführt, sondern leider von weiteren Rassimusvorwürfen gegenüber Vavra überschattet. Was dieser Fall aber zeigt: Da Videospiele als Kunstform gelten, sollten auch Entwickler*innen die Möglichkeit haben haben, Figuren im Rahmen von geschichtlichen Kontexten in alten Rollenbildern zu zeigen. Das gilt – wenn historisch korrekt – für das Auftauchen gewisser Ethnien genauso wie für Geschlechterrollen. In der Praxis betrifft das aber nur einen Bruchteil aller Games. Denn das aktuelle Bild, was viele Videospiele von Frauen vermitteln, ist ein klares Resultat fehlender gesellschaftlicher Gleichstellung – nicht die Bemühung, möglichst historisch akkurat zu sein.


Doch auf der gamescom 2019 wurden auch viele Videospiele mit weiblichen Hauptfiguren präsentiert – einige davon machten dazu auch noch eine Menge Spaß. Meine Videospielheldinnen der gamescom 2019.

Titelbild: Creative Commons von „Bago Games“. Verändert. Lizenz: CC BY 2.0

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